Über das Meer kommt nichts Gutes

Trotz seiner zentralen Lage im Mittelmeer, wo sich immer schon viele Handelsrouten kreuzten, bedeutete das Meer für die Sarden vor allem Isolation und Invasion.

Ab 1000 v.Chr. gründeten die Phönizier Handelsstützpunkte und erste Siedlungen an der Küste. Die eigentlichen Ureinwohner Sardiniens, die Nuragher, hatten ihre Siedlungen bereits an strategisch wichtigen Orten weiter von der Küste entfernt und im Landesinneren aufgeschlagen und man lebte zuerst friedlich zusammen und pflegte Handelsbeziehungen.

Doch mit der Entwicklung zum wichtigen Handelsstützpunkt durch die Phönizier folgten bald die Punier (Karthager), Römer, Wandalen, Byzantiner und Araber, diese alle als Unterdrücker, die ‚nur‘ das Beste wollten: Bodenschätze und Ausbeutung.

Um 1000 gelingt den Sarden die Befreiung und ermöglicht durch eine Regierung in den 4 Judikaten Cagliari, Arborea, Logudoro und Gallura für 2-3 Jahrhunderte ein selbstbestimmteres Handeln.

Teile Sardiniens wurden bereits von den Genuesen und Pisanern beeinflusst, bevor es 1323 komplett an die Aragonesen in Katalonien ging. Mit deren Übergang in das spanische Imperium blieb Sardinien bis in das 18. Jahrhundert unter spanischer Herrschaft.

Erst mit den Savoyern aus dem Piemont 1720 kam Sardinien unter italienischen Einfluss, wurde als Königreich von Sardinien 1861 in das Königreich Italien integriert und ist heute eine der 20 Regionen der Republik Italien.

Lediglich die Barbagia, das Land der Barbaren im Inselinneren, wurde nie wirklich kolonialisiert und steht seit jeher für den sardischen Widerstand.

Auch heute noch spürt man oft die Zurückhaltung allem gegenüber, was von außen kommt.

Seit 1948 eine autonome Region Italiens, werden immer wieder politische Entscheidungen in Rom über die Interessen und Köpfe der Sarden hinweg getroffen, wie jüngere Beispiele mit Gebieten für die Nato, Militärmanövern, Fischereirechten oder der Diskussion um Atommüll Endlager zeigen.

Der Widerstand der Barbagia existiert allerdings immer noch, wie der friedliche und erfolgreiche Aufstand von Pratobello 1969 zeigt. Es sitzt tief drinnen, in den Sarden: über das Meer kommt nichts Gutes. 

Furat chie benit dae su mare! – Wer übers Meer kommt, will uns bestehlen!

aus: Sardisch Wort für Wort von Giuanne Masala